Felix Fechenbach



Der GründerVater der Jusos München

Die Vorgeschichte der Jusos München

Die Zeit vor 1904:
Es gab in der deutschen Arbeiterbewegung bis 1904 die Meinung, dass es keinen Grund für eine spezielle Jugendorganisation geben müsse, da alles durch die Klassenzugehörigkeit bestimmt ist.
Innerhalb der sozialdemokratischen Partei gab es allerdings durchaus Konflikpotential zwischen den „Alten“ und den „Jungen“, da Letztere eine radikalere Vorgehensweise einforderten. Eher revolutionär als parlamentarisch. Dieser Konflikt eskalierte zum Erfurter Parteitag 1891, als die „Jungen“ dazu aufriefen am 1. Mai die Arbeit niederzulegen und daraufhin die Wortführer der „Jungen“ kurzerhand aus der Partei ausgeschlossen wurden.
Die Sozialdemokratische Partei zeigte sich sehr skeptisch gegenüber einer reinen Jugendorganisation innerhalb der sozialdemokratischen Bewegung. Die Partei war der Meinung, dass die Jugend erst Lohnarbeit und die damit verbundene Ausbeutung kennenlernen sollte, um ein Klassenbewusstsein zu entwickeln, um sich damit der Parteilinie unterzuordnen.
 
Die Zeit nach 1904:
Das änderte sich nach dem Selbstmord des 15.-jährigen Berliner Lehrlings Paul Nähring am 3. Juli 1904. Der Schlosserlehrling konnte die Qualen und Demütigungen seitens seines Meisters nicht mehr ertragen und brachte sich um. Der Tod des jungen Lehrlings führte zur Empörung der sozialdemokratischen Öffentlichkeit und zur Gründung von sogenannten Lehrlingsvereinen, auf deren Gründung sich auch die Jusos als ihre Wurzeln beziehen.
Als tatsächliche Organisationsform der deutschen Arbeiterjugend im Norden gründete sich 1906 in einem Dachverband die „Vereinigung der freien Jugendorganisationen in Deutschland“. Der Anfang der Jugendbewegung dort wurde sehr kritisch gesehen von der bestehenden Führungselite und es wurde Ihnen die Forderung nach politischer Einmischung gesetzlich verboten.
Im liberaleren Süddeutschland gründete sich als Dachverband 1906 der „Verband junger Arbeiter und Arbeiterinnen Deutschlands“.
1906 und 1907 wurde in SPD Parteitagen die Einrichtung von sozialdemokratischen Lehrlingsvereinen und einer eigenständigen Jugendorganisation beschlossen. Aufgrund der ablehnenden Haltung von Partei- und Gewerkschaftsführung folgte diesen Beschlüssen allerding nicht die Tat. Erschwert wurde das Ganze auch dadurch, dass unter 18-Jährigen die Mitgliedschaft in politischen Vereinen und an Vereinsversammlungen gesetzlich verboten war. Dadurch kam es zu einer Existenzkrise der Arbeiterjugendvereine. Zu einer Fortführung ihrer Arbeit kam es zunächst nicht. Im Nürnberger Parteitag 1908 wurde ein Kompromiss beschlossen: Die Einrichtung örtlicher Jugendausschüsse. Allerding waren diese Ausschüsse jeweils zu einem Drittel aus Gewerkschaftsführern, aus Parteilführung und nur zu einem Drittel aus jugendlichen Vertretern besetzt. Allerdings mussten diese über 18 Jahre alt sein. Die Tätigkeit dieser Jugendausschüsse bestand in Bildungs- und Kulturarbeit. Politische Einmischung war nicht erlaubt.
Diese engen Grenzen frustrierten viele ältere Vertreter der Arbeiterjugend, die für sich eine eigene Organisation forderten. Im Chemnitzer Parteitag 1912 wurde daher beschlossen, dass ein stärkerer Fokus auf den 18 bis 21-jährigen Arbeitern und Arbeiterinnen liegen sollte, um Sie für die Partei zu gewinnen. Dies führte zur Entstehung von Strukturen, die unabhängige Arbeit von Jugendlichen erleichterte.
Diese Vorgeschichte sollte durch einen engagierten Aktivisten zur Gründung der Jusos 1914 in München führen.
 
– Leandro Tscherner

ZUm Gedenken an Felix Fechenbach

„Aber nun zum Schluss liegt mir ganz besonders am Herzen, … dass es sich hier nicht nur um meinen Mann handelt, sondern für mich ist es ein Symbol für all die vielen Genossen und die Menschen, die der Nationalsozialismus ermordet hat. Hier ist nicht nur einer, sondern es sind alle! Und es waren ja so viele! Es waren ja so viele, die kämpften für soziale Gerechtigkeit, für Freiheit und Frieden. Ich denke an alle diejenigen und ich möchte gern, dass wir alle das Gefühl von hier mitnehmen, dass dieser Kampf, dieser Kampf und Tod nicht umsonst waren, sondern dass die Jugend … diesen Kampf weiterführt. Wir haben verloren, aber wir hoffen, dass die Jugend Erfolg haben wird.“

 

Diese bewegenden Worte sagte Irma Fechenbach-Fey, die Frau von Felix Fechenbach, als 1973 der Gedenkstein für ihren Mann im Kleinenberger Wald eingeweiht wurde, 40 Jahre nach seinem Tod. Aber wer war dieser Felix Fechenbach und welchen Kampf hat er gekämpft?

 

Felix Fechenbach, den ich im Folgenden ganz unwissenschaftlich aber sozialdemokratisch Felix nennen werde, wurde am 28. Januar 1894 in Mergentheim als zweites von fünf Kindern eines Bäckers und einer Metzgerstochter geboren. Er hätte also vor Kurzem seinen 130. Geburtstag gefeiert. Noch im selben Jahr zog die Familie nach Würzburg. Während der Schulzeit musste er in der Bäckerei des Vaters mitarbeiten, was seine schulische Ausbildung einschränkte.

 

1907 begann Felix eine kaufmännische Ausbildung in Würzburg, die er drei Jahre später abschloss. Felix‘ älterer Bruder Siegbert war bereits gewerkschaftlich aktiv und überzeugte Felix, Mitglied des Zentralverbandes der Handlungsgehilfen und -gehilfinnen Deutschlands zu werden, damals schon gegendert. Der Zentralverband war eine sozialdemokratische Angestelltenorganisation, die den SPD-nahen Freien Gewerkschaften angehörte. Zudem engagierte Felix sich in der sozialdemokratischen Jugendbewegung in Würzburg.

 

1911 zog Felix nach Frankfurt am Main, wo er abermals als Handlungsgehilfe arbeitete. Nach nicht mal einem Jahr wurde er wieder entlassen, denn der 17-jährige Felix hatte den Widerstand des Personals gegen eine Verlängerung der Arbeitszeit ohne gleichzeitige Lohnerhöhung organisiert.

 

Ein Jahr später verschlug es Felix nach München. Dort arbeitete er bald im Münchner Arbeitersekreteriat, einer Beratungsstelle für Angestellte.

Am 03. Februar 1914 wurde bei einer Versammlung im Münchner Gewerkschaftshaus die Jugend-Sektion des Sozialdemokratischen Vereins München gegründet – die Geburtsstunde der Jusos München. Bei dieser Versammlung hielt Felix das Einführungsreferat und er verwendete in einem seiner Artikel auch erstmals den Begriff „Jungsozialisten“.

 

Im Herbst 1914 wurde der Antimilitarist Felix zum Kriegsdienst an der Westfront eingezogen und bekam das Eiserne Kreuz II. Klasse verliehen. Bereits ein Jahr später wurde er schwer verwundet und damit frontuntauglich. Stattdessen wurde er im militärischen Büro in München eingesetzt. Zu dieser Zeit schloss er sich Kurt Eisner an und war 1917 an der Gründung der USPD beteiligt.

 

Beim Münchner Januarstreik 1918 war Felix als Organisator in führender Position vertreten. Er verfasste und verteilte auch illegale Flugblätter, weshalb er sich vor dem Militärgericht verantworten musste.

Bei der Friedenskundgebung der USPD und der MSPD am 07. November 1918 auf der Theresienwiese rief Felix dazu auf, zur Münchner Kaserne zu ziehen. Während die MSPD die Versammlung mit einem Demonstrationszug zum Friedensengel beendete, zogen die Anhänger*innen der USPD in den Münchner Norden, wo sich ihnen Soldaten anschlossen. Die Revolutionär*innen besetzten Regierungsgebäude, was dazu führte, dass das bayerische Königspaar floh. Noch in dieser Nacht wurde die bayerische Monarchie, als erste im Deutschen Reich, gestürzt.

 

Nach der Revolution wurde Felix Mitglied des Münchner Arbeiter- und Soldatenrats sowie des provisorischen Nationalrats. Als Kurt Eisner am 08. November 1918 zum Ministerpräsidenten des neu ausgerufenen Freistaats Bayern gewählt wurde, berief er Felix als seinen Sekretär in die Staatskanzlei. Am 21. Februar 1919 wurde er Augenzeuge des Mordes an Kurt Eisner, seinem großen politischen Vorbild. Im Nachgang beteiligte er sich nicht an der Münchner Räterepublik, sondern verließ München und wurde wegen seines politischen Engagements in Ulm verhaftet, aber nach eineinhalb Monaten wieder freigelassen.

 

Ab 1920 widmete sich Felix dem Journalismus und gründete im folgenden Jahr ein Pressebüro, das Informationen zu rechtsradikalen Aktivitäten in Bayern an Zeitungen in ganz Deutschland weitergab.

 

Zwei Jahre später wurde Felix von der Staatsanwaltschaft München wegen Landesverrats angeklagt und in einem Schauprozess zu elf Jahren Zuchthaus sowie zehn Jahren Ehrverlust verurteilt. Das Urteil sorgte für einen großen Aufschrei und wurde über Jahre kontrovers diskutiert, letztendlich wurde er frühzeitig aus seiner Haft entlassen.

 

1925 ging Felix nach Berlin, wo er als Redakteur des Dietz-Verlags und als fester Mitarbeiter des Vorwärts tätig war. Zudem engagierte er sich in der Deutschen Liga für Menschenrechte, der Sozialistischen Arbeiterjugend und der Reichsarbeitsgemeinschaft der Kinderfreunde, wo er politische Stücke für das Kasperltheater schrieb und als Puppenspieler aufführte.

 

1929 wurde er dann Redaktionsleiter der SPD-Zeitung Volksblatt in Detmold, in dem er offen Widerstand gegen die Nationalsozialist*innen leistete. Bis zur Machtübernahme durch die NSDAP glaubte er fest an die Demokratie und daran, dass diese nicht zu bezwingen sei. Er wollte das Land nicht verlassen, um gegen die Nationalsozialist*innen kämpfen zu können. Am 27. Februar 1933, dem Tag des Reichstagsbrands, erhielt er von der NSDAP ein Redeverbot. Im März des selben Jahres wurde schließlich das Volksblatt verboten. Wenige Tage nach diesem Verbot wurde Felix für mehrere Monate in sogenannte Schutzhaft genommen. In dieser Zeit verfasste er Erzählungen für seine Kinder und einen Roman, der posthum als „Der Puppenspieler“ erschien.

 

Am 07. August 1933 sollte Felix in das Konzentrationslager Dachau überführt werden. Auf dem Weg dorthin erschoss der SS-Mann Paul Wiese ihn hinterrücks auf Befehl von höherer Ebene im Kleinenberger Wald zwischen Paderborn und Warburg. Der Mord konnte nie lückenlos aufgeklärt werden, doch es besteht kein Zweifel daran, dass es sich um eine politisch motivierte Tat handelte und nicht um die Reaktion auf einen Fluchtversuch, wie behauptet wurde.

 

Mit Felix Fechenbach starb im August 1933 ein unermüdlicher Kämpfer für den demokratischen Sozialismus, den Antimilitarismus, die Belange von jungen Menschen und den Antifaschismus.

 

Wir Jusos sind eine Kraft des Friedens und der Freiheit, das dürfen wir uns niemals nehmen lassen. Nehmen wir uns unseren Gründer als Vorbild: einen Menschen, der so viele politische Rückschläge erlebt hat, der zu Unrecht verurteilt wurde und Strafen absitzen musste, der schlussendlich für seine Überzeugungen sterben musste und der trotzdem nie bereit war aufzugeben.

 

Gedenken wir der vielen Opfer des Nationalsozialismus, um daraus neue Kraft zu schöpfen für den Kampf gegen die größte aller Bedrohungen. Wie Irma Fechenbach-Fey 1973 sagte: die Jugend muss diesen Kampf weiterführen. Lasst uns, wie Irma, hoffen, lasst uns dafür kämpfen, dass die Hoffnung nicht vergebens ist und lasst uns die Hoffnung weitergeben.

 

Alerta!

 

– Adina Rath

 

Beide Texte entstanden im Rahmen der Feier anlässlich des 110. Geburtstags von Felix Fechenbach.

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